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Verfassungskonformes Geld: Wer hat es getötet und was kommt jetzt?

von Matthew Piepenburg

Partner

Im Folgenden führen wir eine notwendige Autopsie des verstorbenen verfassungskonformen Geldes durch.

Die Verfassung ist relevant

Die meisten von uns, mich eingeschlossen, haben einen (oder zwei) Lieblingsjuristenwitze auf Lager. Allerdings hatte unser Jurastudium auch seine Glanzstunden, z.B. bei der intensiven Beschäftigung mit der amerikanischen Verfassung.  

Auch, wenn die amerikanische Verfassung von Männern verfasst (und unterzeichnet) wurde, die zugegebenermaßen nicht frei von Fehlern waren, so waren diese Gründungsväter wohl vieles, aber nicht völlig dumm.

Über die Urheber und Unterzeichner dieser aus dem 18. Jahrhundert stammenden Verfassung und dessen Bedeutung, Auslegung, Anwendung und Reichweite wurden bereits unzählige Bücher geschrieben.

Eine Darstellung der umfangreichen Debatten, die solche Verfassungsthemen vom ersten Tag an ausgelöst haben, würde den Rahmen eines Artikels komplett sprengen.

Schutz der Regierten

Unstrittig ist jedoch, dass sowohl die Unabhängigkeitserklärung von 1776 als auch die spätere Verfassung von 1789 unter einer klaren und richtungsweisenden Prämisse verfasst wurde: Die Regierten sollen vor den Regierenden geschützt werden.

Vereinfacht gesagt, hatten die Gründerväter etwas gemeinsam: Sie hegten tiefes Misstrauen und Verachtung gegenüber einer aggressiven, räuberischen Staatsmacht.

Warum?

Weil die Vereinigten Staaten aus einem Misstrauen gegenüber der Regierung im Allgemeinen und der menschlichen Natur im Besonderen geboren wurden – und nicht nur aus Misstrauen gegenüber einem verrückten König George III.

Vereinfacht formuliert: Sinn und Zweck dieses bahnbrechenden Dokuments war es, die Bürger vor Autokratie und vor der menschlichen Natur zu schützen.  

Keine leichte Aufgabe

Diese Prämisse − damals wie heute ein harter Brocken − war als schriftliche und rechtliche Anweisung gedacht, und nicht als Vorschlag.

Die Gründer hatten verstanden, dass die menschliche Natur und somit die menschlichen Gerichte und Politiker überaus gut darin sind, das Recht so zu biegen und beugen, dass es den persönlichen, finanziellen und politischen Vorlieben entspricht.

„Die Politik des Rechtssystems“ und die US-Verfassung sind zugegebenermaßen komplexe Themenfelder, was ich schon früh als Jurastudent unter Anleitung von Legenden wie Ted Beiser lernte.

Eine Geschichte voller Debatten, Paradoxa & kreativer Verbiegungen

Die amerikanische Verfassung, in der Freiheit und Unabhängigkeit als vorrangige Werte angepriesen werden, wurde beispielsweise von Männern verfasst, die selbst Sklaven besaßen, solche Konzepte aber anderen verweigerten – eine Verweigerungshaltung übrigens, die vom Obersten Gerichtshof der USA (Supreme Court) in späteren Auslegungen mit klugen Worten und düsteren Hintergedanken untermauert wurde – von Dred Scott v. Sanford, 1857 bis Plessy vs. Ferguson, 1896.

Es bedurfte sogar eines Bürgerkriegs im 19. Jahrhundert (und nicht einmal dieser reichte), um solche „Interpretationen“ von Freiheit, Gleichheit und sogar den Streitpunkt „Eigentum an Menschen“ zu korrigieren.  

Aber auch Worte sind flexibel und formbar. Und das heißt, dass auch der Sinn und selbst die Absicht von Gesetzen formbar ist.  

Aktuell haben wir eine anhaltende und zutiefst spaltende Debatte zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern.

Dieselbe Verfassung, die das „Leben“ (den Fötus) schützt, schützt auch die „Handlungsfreiheit“ (die Mutter). Wie die aktuellen Pressemeldungen bestätigen, kann die Abwägung und Diskussion solcher Werte sehr polarisierend sein und einer sehr persönlichen Interpretation unterliegen – sowohl vor Gericht als auch auf der Straße.

Zurück zu Geld & Metallen

Was hat all das mit Geld, Gold, dem langsamen Verfall von verfassungskonformem Geld und Ihrer finanziellen Zukunft zu tun?

Tatsächlich ziemlich viel. 

Geld stand nie zur Debatte

Nicht selten wurde der Wortlaut und / oder der Sinn (sowie die Mathematik) der amerikanischen Verfassung in fragwürdiger und „flexibler“ Weise interpretiert (die Beispiele reichen von der „Commerce Clause“ bis zu den Zusatzartikeln 8 oder 14). Nicht so beim Thema „Geld“. Hier waren die Gründungsväter in Sinn, Wort und Absicht klar und unmissverständlich.

Artikel 1, Abschnitte 8 und 10 der amerikanischen Verfassung besagen eindeutig, dass das Geld unserer Nation in Gold und Silber gemessen werden soll.

Punkt.

Aber warum?

Weil diese fehlerbehafteten, jedoch weitsichtigen Gründer Folgendes begriffen hatten: Wenn unser Geld nicht von Edelmetallen flankiert wird, würden die Regierenden der Versuchung letztendlich erliegen, indem sie die verfügbare Geldmenge erhöhen (d.h. dieses Geld zu entwerten), um staatliche Schulden zu subventionieren und die eigene Macht auszubauen.  

Solche Versuchungen, das wussten die Gründerväter damals schon (und einige wissen es heute noch), zerfressen die Nation letztlich von innen und führen in der Folge zum Aufstieg von Tyrannei – also zu jenem Übel, das die Gründerväter am meisten fürchteten.

Geschichte ist relevant

Sie verstanden das, weil sie ein Verständnis von Geschichte hatten, das vom Untergang des antiken Roms über die Zeit von John Law um 1720 bis hin zum damals aktuellen Zusammenbruch der französischen Währung und des Ancien Regimes in Paris reichte − Ereignisse, die ich unter „Lektionen aus Frankreich“ ausführlich behandelt habe.

Kurzum: Die Geschichte und die Urheber der amerikanischen Verfassung haben uns davor gewarnt, dass Schulden Nationen zerstören.

Unzählige Male habe ich es schon gesagt: Verschuldung führt zu Inflation und somit zu sozialen Unruhen, die alle schuldengeplagten Regimes, ohne historische Ausnahme, durch Währungsentwertung, neue zentrale Kontrollinstanzen sowie Krieg aufzuschieben versuchen.

Kommt Ihnen das, mit Blick auf heute, bekannt vor?

„Das erste Allheilmittel schlecht verwalteter Nationen ist Währungsinflation. Das zweite ist Krieg. Beide bringen vorläufig Wohlstand, beide bringen dauerhaft Ruin. Und beide sind der Rückzugsort für politische und wirtschaftliche Opportunisten.“

– Ernest Hemingway

Wie wir vom Weg abkamen

Wenn diese essenziellen Anliegen, Prinzipien und Geschichtserkenntnisse so fundamental prägend für den in der US-Verfassung klar formulierten Geldbegriff waren, dann stellt sich die Frage, wie die USA beim heutigen und ganz offen gesagt verfassungswidrigen Papiergeld-System landen konnten, in dem Geld immer wertloser wird.

Diese Frage ist leicht zu beantworten.

Verschuldung & Verzweiflung (Bürgerkrieg)

Verzweifelte Menschen und verzweifelte Regierungen tun verzweifelte Dingeunabhängig von ihren angeblichen Werten, Idealen oder sogar der Verfassung.

In der relativ kurzen Geschichte der USA wurden die ersten Risse in unserer Verfassungs- / Geldpanzerung während der überaus verzweifelten Phase des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) sichtbar.

Immerhin sind Kriege teuer. Als das Gold zur Neige ging, beschloss Washington angesichts der militärischen Zwangslage, die anfallenden Schulden durch die Ausgabe von Greenbacks − also Papiergeld − zu tilgen.

War dies „verfassungskonform“?

Oberflächlich betrachtet, überhaupt nicht.

Doch der stets clevere Oberste Gerichtshof vertrat in den damals so genannten „Legal Tender Cases“ die Auffassung, dass diese inflationär emittierten Greenbacks vorübergehend erlaubt seien, solange 1.) Papiergeld nicht als gesetzliches Zahlungsmittel oder als Wertaufbewahrungsmittel betrachtet wird und 2.) der Staat diese Greenbacks am Ende in Gold zurückzahlt.

Schleichende Verdummung

Nach Ende des Bürgerkriegs wurde der „Resumption Act“ verabschiedet, mit dem das goldgedeckte Währungssystem der USA „fortgeführt“ wurde. Eben jener Oberste Gerichtshof wurde damit beauftragt, sich erneut mit den ansonsten klaren Vorgaben der Verfassung in Bezug auf die Geldfunktion von Gold und Silber zu befassen.

Doch was tat der Oberste Gerichtshof?

Tatsächlich begann man, sich langsam von den in der Verfassung eigentlich klar formulierten Vorgaben zu Gold- und Silber zu entfernen.

Das Gericht erklärte daraufhin, dass Washington mit oder ohne Kriegsvorwand Greenbacks ausgeben dürfe.

Die vertrauensvollen, aber in Geldpolitik unbedarften Massen vertröstete der Oberste Gerichtshof mit der Erklärung, dass solche Debatten ohnehin nur akademisch seien, schließlich sei das goldgedeckte Geld nach dem Krieg ja zurückgekehrt.

Aber nicht für sehr lange…

Roosevelts Beschlagnahmung

Dann kam mit Franklin D. Roosevelt die Ära des New Deal und mit ihr 1933 die Gold-Konfiszierung und die Aufwertung des US-Dollars…

Daraufhin wurde der stets so politische (und politisch besetzte) Oberste Gerichtshof erneut damit beauftragt, die Verfassung (und unser Geld) für uns zu interpretieren (d.h. zu denunzieren)…

In den heute vergessenen, aber damals berüchtigten Verhandlungen zur Gold-Klausel („Gold Clause Cases“) befasste sich das höchste Gericht mit einer Angelegenheit, die insbesondere für die amerikanischen Anleihehalter von größter Bedeutung war; sie erwarteten, dass zumindest ihre Anleihen zur Goldparität zurückgezahlt würden, wenn schon nicht ihre Währung.

Die Antwort des Obersten Gerichtshofs?

Eine solche Goldparität sei nicht erforderlich, der US-Dollar sei im Jahr 1933 sicher genug und so wertvoll wie Silber. Wer bräuchte also solche Goldklauseln oder -garantien?

Das war natürlich nur, nun ja… eine Lüge.

Nixons tödlicher Schlag

Aber für den Fall, dass sich nach dem Abkommen von Bretton Woods noch irgendjemand Illusionen über den schleichenden Tod von verfassungskonformem Geld in den USA gemacht hatte, setzte Nixon 1971 der Spannung ein für alle Mal ein Ende, als er den US-Dollar offiziell von seiner verfassungskonformen Gold-Anstandsdame abkoppelte.

Wie es der Oberste Gerichtshof schon in Bürgerkriegszeiten getan hatte (und viel später auch Powell in Inflationszeiten), erklärte Nixon nun, dass diese Entkopplung nur „vorübergehend“ sein werde.

Zudem versprach er, dass der Dollar von 1971, auch nach der Abkopplung von Gold, genauso viel wert sein werde wie zuvor.

Zwei beachtliche Aussagen, die natürlich nur, nun ja… Lügen waren.

Heute: Totales Fiasko

Heute, 54 Jahre nach Nixons Lüge, bleibt die US-Währung weiterhin von ihrer verfassungsmäßig vorgeschriebenen Goldbegleitung entkoppelt (also eher nicht „vorübergehend“); gemessen an einem Milligramm Gold hat der Papier-US$ im gleichen Zeitraum 99,3 % seiner Kaufkraft verloren.

Falls Sie sich also immer noch fragen, warum der Goldpreis steigt…

…dann brauchen Sie die obenstehende Abbildung einfach nur umdrehen; das nachstehende Diagramm ähnelt dann unheimlich jenem, das zeigt, wie der Wert des US-Dollars fällt (und gefallen ist):

Keine Überraschung…

Im Jahr 2025 sollte ein derartiger Niedergang von Papiergeld NIEMANDEN überraschen, ganz einfach weil er schon 1789 für die Gründerväter der amerikanischen Verfassung keine Überraschung war.

Sie haben uns DAMALS buchstäblich vor unserer HEUTIGEN Krise gewarnt.

Das Ignorieren, Verbiegen und Verstecken solcher Warnungen in den vielen Folgejahrzehnten hat im Endergebnis dazu geführt, dass jenes Land, das durch seine Verfassung vor Verschuldung, Tyrannei, Verzweiflung, zentralisierter Kontrolle, unnötigen Kriegen und Währungszerstörung geschützt werden sollte, heute mit einer Mischung aus allem zuvor Genannten zu kämpfen hat.

Tod durch Selbstmord

Selbst John Adams musste mit Blick auf die Entstehung der Vereinigten Staaten und der Verfassung zugeben: „Es gab noch nie eine Demokratie, die nicht Selbstmord beging.“

Auf dieselbe tragisch-komische Weise starb letztlich auch dieses werthaltige Geld.

Wie oben gezeigt wurde, starb es einen Tod auf Raten, begleitet von zahllosen rechtlichen und politischen Einschnitten – ein absehbares Verbrechen, das direkt vor unseren blinden Augen unter den Blicken unserer lächelnden Regierung geschah.

Die Autopsie…

Heute sind die Folgewirkungen des Todes des verfassungskonformen Geldes sowie fataler Verschuldung praktisch allgegenwärtig.

Ganz gleich welcher Schlagzeile Sie auf den Grund gehen, letztendlich führt alles auf zerstörerische Schuldenstände zurück, welche nur von Papiergeld erzeugt werden können.

Aktuell versucht man in den USA händeringend die Verschuldung in den Behörden zu senken (DOGE), verschwenderische Ausgabepraktiken tapfer aufzudecken (USAID) und die ansonsten offensichtlichen Entdollarisierungsbestrebungen unter den erweiterten BRICS-Staaten herunterzuspielen (oder mit Strafzöllen zu belegen), man versucht zudem, die geleerte COMEX aufzufüllen, ein politisch skurriles Spekulationsspiel mit einem aufgeblasenen BTC-Reservewunder zu spielen und von Iran über Jemen bis hin zum südchinesischen Meer mit Hemingways Kriegswarnungen zu kokettieren, während die ökonomisch bankrotten und zunehmend gespaltenen Staatsbürger im eigenen Land von wachsender Zentralisierung betroffen sind.

Warum?

Die USA verrottet wegen untragbarer Schuldenlasten und wegen ihres unbeliebten, kampffähig gemachten und entwerteten Papierdollars, den man vor so vielen Jahren − zusammen mit der eigenen Verfassung − korrumpiert hat, um Schulden zu begleichen.  

Wären wir stattdessen in Wort, Sinn und Absicht bei jener Verfassung geblieben, die unser Geld als Gold und Silber definierte, hätten wir uns nie so hoch verschulden können und unsere Nation und ihre Währung wären nie so tief gefallen.

Meine Damen und Herren, die Verfassung ist schon irgendwie wichtig. Doch die Leute, die heute bei ihren Vereidigungszeremonien auf diese Verfassung schwören, die ihre Amtsvorgänger vernichtet haben, haben sie wahrscheinlich selbst nie gelesen.


Wenn also Ihre Politiker und Ihre Gerichte Ihr „Geld“ nicht durch Gold schützen wollen, dann sollten Sie es vielleicht selbst tun?

About Matthew Piepenburg
Matthew Piepenburg begann seine Finanzkarriere als Wirtschaftsjurist. Während der NASDQ-Bubble (1999 – 2001) gründete er seinen ersten Hedgefonds. Im Anschluss daran richtete er seinen eigenen sowie andere HNW-Family-Funds auf alternative Investments aus. Zeitgleich agierte er als allgemeiner Berater, CIO und später Geschäftsführer einer Single- und Multi-Family-Office. Matthew arbeitete zudem eng... Mehr…

Matthew Piepenburg
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VON GREYERZ AG
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Der globale Kundenstamm von VON GREYERZ sichert aus strategischen Gründen einen erheblichen Anteil des Eigenvermögens in physischem Gold und Silber, das außerhalb des Bankensystems in der Schweiz verwahrt wird. Dabei bietet Matterhorn Asset Management seiner hochgeschätzten Kundschaft aus über 90 Ländern einen einzigartigen und außergewöhnlichen Vermögensschutz-Service.

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