Jetzt ist es Zeit (und leicht), klüger zu sein als unsere „Führer“
Im Folgenden betrachten wir, wie weit sich Amerika von seiner Gründungsvision entfernt hat (und was wir dagegen tun können).
Unionsangelegenheiten – der arme alte Jefferson
Als sich der Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, der aus Virginia stammende Thomas Jefferson, niederließ, um „den Willen des Volkes“ mit seiner Feder zu bündeln, hatte er ein zentrales Prinzip und Thema im Sinn, nämlich: Die Union.
Laut Garry Gallagher und John Nau, zwei Wissenschaftlern der University of Virginia, gründete dieses Unionskonzept auf den Idealen (und der „Erprobung“) von: 1.) Gleichheit (wenngleich die Frage der Sklaverei auf die lange Bank geschoben wurde), 2.) Kompromiss und 3.) auf einer grundsätzlichen Zurückweisung jeglicher Form von Zwang (oder „Vereinnahmung“) durch eine zentralisierte Instanz (bzw. Institutionen) innerhalb einer im Grunde fragilen Republik mit föderaler Grundstruktur.
Dies ist natürlich nicht der passende Rahmen, um die unzähligen Konzepte hinter den Begriffen Republik, Föderalismus oder gar konstitutionelle Demokratie zu erörtern.
Doch eine zentrale und entscheidende Befürchtung der Gründerväter Amerikas ist auch heute noch von ökonomischer Relevanz, nämlich die Sorge, das bestimmte Grundauffassungen von Gleichheit aber auch die Dreiteilung der staatlichen Gewalt eines Tages von üblen Subjekten an sich gerissen und bedroht werden könnten, was womöglich auch das experimentelle Streben nach Gleichheit und Union (so unvollkommen diese in ihrer Entstehungsphase auch sein mochte) zunichtegemacht hätte.
Von einer Privatbank gekapert
Das bringt uns zu unserer Zentralbank, deren Macht über Preis (Zinskontrolle) und Angebot (Bilanzumfang) der Weltreservewährung dazu geführt hat, dass sie effektiv und konstruktiv zu einem vierten Zweig staatlicher Macht geworden ist.
Diese zentralisierende Zentralbank ist nicht nur die direkte und empirische Ursache für die historische Vermögensungleichheit in Amerika, sie hat zudem die amerikanische Wirtschaft im Allgemeinen aber auch die Preisfindung an den globalen Anleihe- und Währungsmärkten im Besonderen vollumfänglich „gekapert“ (sprich: die zentrale Kontrolle dieser Prozesse übernommen).
Die gesamte Welt, die größtenteils direkt oder indirekt an den Kurs und das Angebot des US-Dollar gekoppelt ist, starrt buchstäblich gebannt darauf, was der Offenmarktausschuss der US-Notenbank mit dem Preis und dem Angebot des inzwischen waffenfähigen und vollständig „eroberten“ USD tun (oder nicht tun) wird.
Mit anderen Worten: Jefferson, dessen bewundernswertes Denkmal nur wenige Blocks vom US-Finanzministerium und nur einen kurzen Spaziergang von der imponierenden Zentrale der Federal Reserve (Eccles Building) entfernt steht, würde verzweifelt den Kopf schütteln, wenn er heute noch leben würde.
Oder einfacher formuliert: Amerika hat sich unwiderruflich von seinen ursprünglichen, aufgeklärten Gleichheitsidealen entfernt.
Denn wenn eine Zentralbank nach 2008 eine Nullzins- und QE -(1 bis 4+)-Aktienblase entstehen lässt, deren Reichtümer zu 90 % nur den obersten 10 % der Bevölkerung zugute kam, dann leuchtet auch ein, wie „ungleich“ derartige Zwangsinstitutionen sein können…
Selbstverständlich wird niemand in Washington, schon gar nicht Fed-Chef Powell, zugeben, dass eine derartige Zentralisierung der Macht (und der „freien“ Märkte) durch nicht gewählte Privatbankiers eher ein Symptom von Feudalismus als von Kapitalismus ist und zugleich ein ausgiebig verschleiertes Symbol autoritärer Machtausübung in „bundesstaatlichem“ (federal) Kostüm.
[Die Federal Reserve, daran sei erneut erinnert, ist weder föderal-staatlich („federal“) noch Reserve, nicht einmal verfassungskonform ist sie, trotz ihres Sitzes in der Constitution Avenue…]
Courage passt nicht ins Profil
Doch auch unsere lobbygesteuerten Politiker, die zusammengenommen weniger über Geschichte, Wirtschaft und grundlegende Mathematik wissen als die meisten Studienanfänger, stellen sich einfach nicht die Frage „was sie für ihr Land tun können“…
Stattdessen haben sie sich den Kopf zerbrochen, wie man sich am besten für Wiederwahl und Machterhalt profiliert.
Und in diesem Sinne haben jene „couragefreien Profilträger“ (obwohl Santos wahrscheinlich behaupten wird, er habe auch einen MIT-Doktortitel in angewandter Mathematik) letztlich auch Versprechen gemacht, die sich nicht mit ihren Haushaltsbudgets finanzieren lassen.
Anschließend füllen sie diese Defizit-“Lücke“ jedes Jahr wieder blindlings mit staatlichen Schuldverschreibungen (sprich: UST in Billionenumfang), die vom inflationären Geld bezahlt werden, das von den IT-Genies der Notenbank per Maus aus dem Nichts herbeigeklickt wird.
Eine Absurdität nach der anderen…
Selbstverständlich ist dieses magische Geld – und nicht COVID, Putin, die Erderwärmung oder kleine grüne Marsmännchen – die Erklärung für unsere absurd untertriebene (d.h. explizit unehrliche) Inflationsrate, die, würde man die gleichen Maßstäbe zur Ermittlung der Verbraucherpreise ansetzten, die zu Volckers Zeiten noch galten, heute bei weit über 11 % lägen, und nicht bei jenen offen gelogenen 3,7 %.
Diese tatsächliche (aber nicht „offizielle“) Inflation bedeutet auch, dass ausnahmslos alle Schuldtitel, die Uncle Sam emittiert, Anleihen mit negativer Rendite sind und somit, per Definition, technisch bereits in Verzug sind.
Andere blicken durch
Der Rest der Welt, einschließlich der sich erweiternden BRICS+-Staaten, weiß das. Und das erklärt wiederum, warum Zentralbanken seit 2014 Nettoverkäufer von US-Staatsanleihen sind und weshalb die Entdollarisierung heute nicht mehr nur Konzept ist, sondern standhafte Realität.
Kurz: Die Nachfrage nach und das Vertrauen in die großartige „risikofreie Rendite“ der wichtigsten Staatsanleihe der Welt (die jetzt mathematisch gesehen „renditefreies Risiko“ ist) hat deutlich nachgelassen, während die Goldkäufe der Zentralbanken Rekordstände markieren.
Doch wie das Diagramm unten sogleich bestätigt, hat dieser Mangel an Liebe für US-Staatsanleihen Uncle Sam nicht davon abhalten können, weitere staatliche Schuldscheine im Gegenwert von Billionen und Aberbillionen auszugeben, wodurch ein perfektes Desaster (also: Missverhältnis) aus Über-Angebot und Unter-Nachfrage entstanden ist.
Dieses Missverhältnis, selbst Oberschüler wissen das aus dem Wirtschaftsunterricht (unsere Politiker aber nicht), führt zu massivem Abwärtsdruck bei den Kursen dieser Anleihen.
Und da sich die Anleihepreise gegenteilig zu den Anleiherenditen bewegen, schreit es bei den Renditen förmlich nach einer Nordwärtsbewegung, was wiederum bedeutet, dass Zinssätze als auch Schuldenfinanzierungskosten (für Privatpersonen, Unternehmen und sogar Onkel Sam) Höhen erreichen, die Rekorde, Banken und Wirtschaft brechen.
In der Zwischenzeit lassen uns die Experten und Politiker weiter über eine harte oder weiche Landung debattieren, obwohl offenkundig ist, dass unser Wirtschaftsflieger längst abgestürzt ist…
Folge nur den Schulden
Deswegen ist es ganz einfach höchste Zeit, dass wir uns nicht mehr über die Dessert-Auswahl streiten, die uns in der Lounge auf dem A-Deck der Titanic offeriert wird, sondern uns langsam damit beschäftigen, welche Folgen der Eisberg vor unserem Bug haben wird.
Unsere Kleingeister in Washington haben die öffentliche Verschuldung Amerikas z.B. auf einen Stand von 120 % im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung getrieben, was mathematisch betrachtet, Wirtschaftswachstum zu einem Ding der Unmöglichkeit macht, über das sich auch nicht mehr diskutieren lässt, denn derartige Schuldenquoten sind so, als würde man mit einer Kanonenkugel an jedem Bein baden gehen.
Letztlich gilt es schlicht und einfach die Tragweite des US-Anleihemarktes zu verstehen, denn er ist u.a. der Schlüssel zu unseren verstaatlichten Aktienmärkten (die auf Gedeih und Verderb von der Entwicklung der Anleiherenditen und der Anleihepreisgestaltung abhängen).
Ich kann es nicht oft genug sagen: Alles dreht sich um Anleihen im Allgemeinen und um die Anleiherenditen im Besonderen.
Sind die Zinsen/ Renditen niedrig, dann laufen die Dinge; sind sie hoch, dann gehen die Dinge in die Brüche.
Das liegt daran, dass billiger Kredit seit Jahren das Kernstück des schuldenbasierten Wachstumsmodells der USA bildet; und allein das erklärt auch, warum unsere fremdbeatmete Wirtschaft und unser ansonsten bankrottes Rentensystem überhaupt überleben konnten.
Wenn „Too Big To Fail“, dann verzweifelte Rettungsaktion
Allein dieser Umstand macht deutlich, dass der Markt für US-Staatsanleihen in der Tat und buchstäblich „too big to fail” ist.
Wenn man aber auch bedenkt, dass die Steuereinnahmen, das BIP und das ausländische Interesse an Uncle Sams Schuldtiteln nicht annähernd ausreichen, um diesen nationalstaatlichen Schulden-/Blasenmarkt zu bedienen („akkommodieren“), dann wird das für seine „Rettung“ benötigte Geld woanders herkommen müssen.
Und dieses „woanders her“ wird aus meiner Sicht ein Gelddrucker sein, was letztlich eine Ausweitung der Geldmenge bedeutet und schließlich auch ein Endspiel mit Währungszerstörung.
Derartige Währungszerstörung bedeutet für die Zukunft also mehr (und nicht weniger) Inflation, wahrscheinlich begleitet von einem zwischenzeitlichen inflationären Marktcrash.
Der Rest der Welt weiß das auch. Und das erklärt, warum Zentralbanken UST abstoßen und im Rekordumfang Gold aufstapeln.
Alternative Ansichten?
Die Milchshake-Theorie liefert jedoch glaubwürdige Gegenargumente zu meiner derzeitigen Einschätzung der US-Anleihemarkt- und Währungskräfte.
Sie besagt, dass selbst der warzenbedeckte USD und die unliebsamen US-Staatsanleihen in dem Moment, in dem die Welt tiefer in die Rezession rutscht, ironischerweise zu den überlegenen sicheren Häfen der letzten Instanz werden.
Letztlich wird der US-Dollar in nächster Zeit nicht durch Rubel, CNY, Peso, Yen, Franken oder Euro ersetzt werden – oder, offen gestanden, wird er das womöglich nie…
Dem stimme ich sogar zu.
Doch angesichts der „starken Strohhalm-Schlürfgeräusche“ aus den globalen Derivate- und Euro-Dollar-Märkten, die grundlegend auf besicherten US-Staatsanleihen aufbauen, könnte es durchaus sein, dass diese eingebaute, systemische USD-Nachfrage noch auf längere Zeit hinweg ihre relative Oberhand behalten wird, oder nicht?
Man vergesse zudem nicht die eingebaute USD-Nachfrage in Form des ach-so wichtigen Petrodollars, den Kissinger in den 1970ern als Spätwerk (Schwanengesang) präsentierte.
Alles in allem gibt es also viele gute Gründe für das Argument, dass der USD, Arm in Arm mit der US-Staatsanleihe, das fitteste Pferd im globalen Schlachthof ist und auch stets sein wird.
Und was ist mit Geschichte, Mathe und morgen?
Allerdings … wie bereits an anderer Stelle ausgeführt… setzt derartige Hybris und der tiefe Glaube an die relative Überlegenheit des USD voraus, dass Geschichte unbedeutend ist, dass Mathematik optional ist und dass morgen wie gestern aussehen wird.
Wie ich und andere an anderer Stelle ausführlich dargelegt haben, ist z.B. auch der Petrodollar keine sichere Sache mehr.
Auch der Glaube, dass die Welt beim nächsten Unwetter ganz einfach in US-Staatsanleihen „strömen“ wird, lässt außer Acht, dass beim jüngsten Marktdesaster im Jahr 2020 US-Staatsanleihen eher abgestoßen als angekauft wurden.
Kurzum: Vielleicht ist dieser „Strom“ längst dagewesen und jetzt versiegt?
Andere üble Szenarien
Genauso bedenkenswert wäre natürlich die Möglichkeit, dass Washington seinen Anleihemarkt durch die Kürzung der Sozial- und Militärausgaben rettet, sagen wir, um 70 %. Ich würde mich lieber nicht darauf verlassen…
Vielleicht fände Amerika auch einen schweren Aktienmarktcrash gar nicht so schlecht; angetrieben durch hohe Zinsen würde er die schwer ramponierten Investoren zurück in den Markt für US-Staatsanleihen „scheuchen“, womit Uncle Sams Schuldscheine, auf Kosten eines ruinierten nationalen Aktienmarkts (aber eben auch ausfallender Kapitalertragssteuern…?), gerettet wären.
Hmmm.
Oder einfach die Währung opfern…
Wahrscheinlicher und politisch zweckdienlicher, aber auch desaströser für das Volk, wäre die Zerstörung der Währung zur Rettung der Kreditmärkte – jenem monetären Krebsgeschwür, das unsere heutige „Überschuldungsdemokratie“ bestimmt.
Ich werde es wieder und wieder und wieder sagen: Die Geschichte bestätigt, dass jede überschuldete Nation ihre Währung opfern wird, um sich den eigenen @®$©h durch die Weginflationierung von Schulden mittels Währungsentwertung zu retten.
Anschließend werden genau dieselben „Zauberkünstler“ dafür sorgen, dass sie ihre inflationsgebeutelten (d.h. wütenden) Bürgerschaften wieder in den Griff bekommen, wofür sie verstärkt auf zentralisierte Kontrolle setzen.
Jefferson & Gold?
Kurz formuliert (und um unseren traurigen, alten Freund Jefferson wieder ins Spiel zu bringen): Amerika ist längst „gekapert“ worden von einem Finanzsystem und einer nicht gewählten vierten Staatsgewalt, die ihre Nation in eine Ecke getrieben hat, aus der es keinen Ausweg gibt.
Zumindest keinen anderen Ausweg als die Währungsfalle … in der die inhärente Kaufkraft des Dollars – gemessen am barbarischen Relikt „Gold“ – schon mehr als 95 % seiner relativen Stärke verloren hat, seitdem Nixon Amerikas goldener Anstandsdame anno 71 den Laufpass gab.
Selbstverständlich kann Gold nicht die Usurpation (d.h. die ruchlose „Eroberung“) der Macht verhindern, von der Jefferson so sehr befürchtete, sie würde eines Tages die amerikanische „Union“ zerstören.
Traurigerweise – das wissen weise Menschen seit Jahrhunderten und warnen davor – werden Nationen durch Schulden zerstört. Nicht nur manchmal, sondern jedes Mal.
Auch kann Gold kein Talisman gegen Politiker sein, die sich zu Markenzeichen gemacht haben anstatt zu Visionären – ob rechts oder links, ob amerikanisch oder global, ob im Schattenreich von Davos oder in der unverstellten Lachnummer in Washington DC.
Aus diesem Grund haben geschichtsbewusste, mathematisch versierte und finanziell informierte Anleger, die anstatt parteihörig oder „plemplem“ zu sein, eher vom kritischen Denken belastet sind, immer wieder (und auch weiterhin) ihre eigene Vernunft, ihr eigenes Vermögen und selbst ihre eigene private „Union“ der Familie (welche Jefferson als Grundlage der Freiheit definierte) mit einer gesunden Allokation dieses barbarischen Relikts, des sogenannten „pet rocks“, geschützt.
Mit anderen Worten: Nur weil politische Opportunisten den Goldstandard zwecks Wählerstimmenkauf abgeschafft haben, und dabei allmählich auch Nationen (sowie nationale Einheit) in einer allzu vertrauten Abfolge aus Verschuldung und Zentralisierung zerstörten, wird uns „Goldstapler“ nichts daran hindern können, viel klüger zu sein als unsere sogenannten „Führungen“.
Zusammenfassend ist es also an der Zeit, das wir unsere Währungen selbst mit Gold unterlegen, anstatt darauf zu warten, dass andere es für uns tun.
About Matthew Piepenburg
Matthew Piepenburg
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