ACHTUNG: MÄRKTE VOLLER NARRENGOLD

von Egon von Greyerz

Founder and Chairman

Juli 20, 2022

Narrengold hat viele Formen, ob nun papiernes Falschgeld, Schneeballsysteme für Anleger, falsche und manipulierte Goldderivate, Bitcoin oder schlicht falsche Goldfunde in Uganda. All diese Formen werden wir in diesem Artikel diskutieren.

„Nicht konvertierbares Papiergeld neigt dazu, illusorisches Vermögen hervorzubringen, Blasen, die, wenn sie platzen, Unannehmlichkeiten erzeugen.“ Lord Liverpool 1810 (Premierminister Großbritanniens 1812-27)

Die elegante und bewusst zurückhaltende Höflichkeit des Englischen ist gut bekannt. „Unannehmlichkeit“ war für einen Aristokraten des frühen 19. Jh. das, was ein moderner Engländer vielleicht als „krasses Chaos“ bezeichnen würde.

Schon vor 2.500 Jahren beschrieb Konfuzius diese Art wie folgt:

„Edle Gemüter sind ruhig und standhaft. Kleingeister werden stets nur jammern und bangen.“ Konfuzius

Wie wir aus der Geschichte wissen, verursacht Papiergeld nicht allein Unannehmlichkeiten, wie Lord Liverpool meinte, sondern einen Zusammenbruch des Geldsystems der betreffenden Ökonomie.

In der dekadenten und moralisch bankrotten Welt von heute sind Führungspersönlichkeiten tendenziell eher „jammernde und bangende Kleingeister“, die krampfhaft „illusorisches Geld und Vermögen hervorbringen“. Und deswegen beginnt jetzt auch die Endphase dieser Ära, in der wir mehr Entlassungen von Staatsführern (Boris Johnson), Attentate (Abe) und Fluchten (Gotabaya Rajapaksa, Präsident Sri-Lankas) erleben werden.

Leider werden auch soziale Unruhen und Bürgerkriege eher Normalität werden.

Der Mix aus schwachen Führungen und Falschgeld ist das passende Ende für einen großen ökonomischen Zyklus. Eigentlich hätte es auch gar nicht anderes enden können.

Doch noch steht die Welt nicht ganz am Ende der aktuellen Ära, die im Jahr 1913 mit der Übernahme der Macht im US-Geldsystem durch Banker begonnen hatte.

Einige von uns glauben, sie hätten ein gute Vorstellung davon, wie all das enden wird, doch allein die zukünftigen Historiker und Beobachter werden vom exakten Gang der Ereignisse berichten können.

Vom österreichischen Ökonom Ludwig von Mises stammt ein sehr wahrscheinlicher Ausblick auf das Ende des Finanzsystems:

„Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion, oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.”

ZENTRALBANKER DREHEN DEN GELDHAHN ZU? EIN DING DER UNMÖGLICHKEIT!

Von Mises erste Alternative – die freiwillige Aufgabe des eingeschlagenen Kurses – ist für die heutigen Regierungen und Zentralbanker natürlich vollkommen inakzeptabel. Man sollte keine Sekunde in Erwägung ziehen, dass Powell und Lagarde den Geldhahn zudrehen werden, der sie und ihre Geld fälschenden Freunde seit Jahrzehnten an der Macht hält.

Ja, sie werden Anstalten machen, wie man gerade an den aktuellen QT-Versuchen (quantitative Straffungen) der US-Notenbank sehen kann. Nun ist die Bilanz der Federal Reserve seit Mitte März um 70 Mrd. $ gesunken – GANZ GROSSE SACHE!

Hier wurde also eine Bilanz, die seit Ende August 2019 um 240 % oder um 5,3 Billiarden $ angewachsen war, innerhalb von 3 ½ Monaten um 0,7 %! reduziert. Im Jahr 2006 lag die Bilanz der US-Notenbank bei 900 Milliarden – heute sind es 9 Billionen! Eine läppische Ausdehnung um das 10-fache.

Erinnern wir uns wieder daran, dass die aktuellen Probleme in der Welt nicht erst Anfang 2020 mit Covid begannen, sondern mit irreparablen Schäden am Finanzsystem, die die Zentralbanken nach August 2019 nicht mehr verstecken konnten.

Der Anfang vom Ende dieser mindestens 100-jährigen Finanzära war die Große Finanzkrise (GFK), die 2006 begann.

Wie ich in vielen Artikeln beschrieben hatte, wechselt die Besetzung, die diesem Finanzsystem Schaden zufügt. Ihre Vorgehensweisen und Handlungen bleiben aber immer dieselben. Über die private US-Notenbank arbeiten sie alle an ihrem eigenen „wohltätigen“ Ziel der persönlichen Bereicherung und der Kontrolle durch Privatbanker.

NACH UNS DIE SINTFLUT

„Nach uns die Sintflut“ – das sagte die Mätresse von Louis XV dem französischen König als Frankreich im 18. Jh. eine entscheidende Schlacht gegen Preußen verlor. Dieses Ereignis markierte den Anfang des Niedergangs Frankreichs und den Beginn der Französischen Revolution.

NACH UNS DIE SINTFLUT – Après Nous Le Déluge

Seit 2006 haben sich die Bilanzen der großen Zentralbanken (Schweizer Nationalbank, Bank of China, Bank of Japan, EZB, Federal Reserve) exponentiell ausgedehnt – von 5 Billionen $ auf 36 Billionen $. Eine Versiebenfachung (7x)!

GLOBALE VERSCHULDUNG STIEG SEIT 1971 UM DAS 200-FACHE. SIE WIRD ABER UM DAS 2000-FACHE STEIGEN!

Wir müssen uns wieder vor Augen führen, dass die Schulden erzeugenden Zentralbanken nur ein Teil des Problems sind. Die wahren Gelddrucker sind die Geschäftsbanken. Ein Blick auf die Gesamtverschuldung zeigt, dass sie von 100 Billionen $ im Jahr 2000 auf heute 300 Billionen $ angewachsen ist. 2006 (nicht gezeigt) lag die Gesamtverschuldungssumme bei 120 Billionen $.

Wie man im Diagramm unten sehen kann, liegt die globale Gesamtverschuldung, einschließlich Derivate und ungedeckte Verbindlichkeiten, bei über 3 Billiarden $. Wenn das Finanzsystem zusammenbricht, werden diese Derivate wertlos, weil Gegenparteien ausfallen. Zur Banken- und Systemrettung (ein an sich zweckloser Versuch), werden die Zentralbanken dann weitere 2-3 Billiarden $ drucken.

Vernünftige historische Vergleiche lassen sich schon gar nicht mehr anstellen, da der Schuldenproduktionswahn der letzten 50 Jahre historisch alles in den Schatten stellt und beispiellos ist.

Als Nixon 1971 das Goldfenster schloss, betrug die globale Verschuldung 1,5 Bill. $.

Nach 50 Jahren unverantwortlicher Geldpolitik hat sich die Verschuldung verzweihundertfacht (200x).Wenn wir in den nächsten 5 bis 10 Jahren mithilfe eines Derivatekollaps eine Gesamtverschuldung von 3 Billiarden $ erreichen, wird dieser Anstieg seit 1971 dann beim 2.000-fachen liegen.

Ich kann schon einige sagen hören, dass all das sensationsheischende Angstmache sei. Ich bin mir aber sicher, dass diese Leute dasselbe über die Ver-200-fachung der Verschuldung seit 1971 gesagt hätten.

EXPONENTIELLE BEWEGUNG WIRD ENDGÜLTIG SEIN

Es ist ebenfalls wichtig, das Wesen exponentieller Bewegungen zu verstehen. Ich hatte das in einem Artikel aus dem Jahr 2017 erklärt – “Only Contrarians Will Survive”.

Im Artikel zeige ich, dass exponentielle Bewegungen sich tatsächlich exponentiell beschleunigen – und dass sie final/ endgültig sind.

„Stellen Sie sich dazu ein Fußballstadion vor, das mit Wasser gefüllt wird. Jede Minute kommt ein Tropfen hinzu. Die Zahl der Tropfen verdoppelt sich mit jeder Minute. Also: von 1 auf 2 auf 4, 8, 16 etc. Frage: Wie lange würde es dauern, bis das gesamte Stadion voll Wasser ist? Einen Tag, einen Monat oder ein Jahr? Nein, viel schneller – es würde nicht mehr als 50 Minuten dauern! Allein das ist schon schwer zu verstehen; noch interessanter wird aber, wenn man nach dem Wasserstand nach 45 Minuten fragt. Die meisten schätzen zwischen 75 %-90 %. Vollkommen falsch. Nach 45 Minuten ist das Stadion nur zu 7 % voll! In den letzten 5 Minuten steigt der Wasserstand im Stadion von 7 % auf 100 %.“

Genau aus diesem Grund wird die Verschuldung in den kommenden 5-10 Jahren im Umfeld von Hyperinflation wahrscheinlich exponentiell ansteigen. Man muss allerdings auch wieder Folgendes bedenken: Während die Preise für Erzeugnisse und Rohstoffe wie Nahrungsmittel, Energie aber auch Edelmetalle exponentiell ansteigen, werden die Anlageblasenwerte (Aktien, Anleihen, Immobilien) effektiv implodieren. Lesen Sie dazu auch meinen kürzlich erschienenen Artikel „Deflation und Hyperinflation gleichzeitig – Unheil für die Welt.“

Natürlich könnte man Nixon die Schuld am heutigen globalen Schuldendesaster geben. Doch damit würde man es sich zu leicht machen. Im Verlauf der Geschichte haben Staaten und Regierungen immer wieder in die Naturgesetze eingegriffen und gegen das simple Gesetz von Angebot und Nachfrage interveniert.

Wenn ahnungslose Zentralbanker (und davor Regierungen) in die natürlichen wellenförmigen Auf- und Ab-Bewegungen der Ökonomie eingreifen, entstehen aus diesen natürlichen zyklischen Bewegungen extreme Hochs und Tiefs. Diese exzessiven Bewegungen führen zum Entstehen von Asset- und Kredit-Spekulationsblasen (Inflation/ Hyperinflation), denen ein deflatorischer Kollaps oder eine Implosion, wie von Mises sagt (siehe Zitat oben), folgt.

Wie ich oben erklärt hatte, ist es völlig normal, dass am Ende eines großen Wirtschaftszyklus exponentielle Bewegungen entstehen. In diesem Jahrhundert sahen wir sie bei Schulden und Vermögenswerten (wie Aktien und Immobilien).

Doch kaum jemand erkennt, dass die rasende Geld- und Schuldenschöpfung unseres Jahrhunderts auch das Ende einer 100 Jahre alten geldpolitischen Ära markiert.

Die kommenden Jahre werden wie die letzten 5 Stadion-Minuten sein – eine Zeit, in der sich die Schulden wirklich exponentiell auftürmen und um, sagen wir, das 14-fache ansteigen, bevor alles zusammenbricht (analog dazu: Wasserstand im Stadion steigt von 7 % voll auf 100 % voll).

KRYPTOS – NARRENGOLD

Im Rahmen solcher finalen Bewegungen entstehen auch Instrumente, die zum „Narrengold“ werden.

Aus meiner Sicht sind Kryptowährungen eine Form des „Narrengolds“. Kryptoformate mögen für einige Investoren eine hervorragende Spekulativanlage gewesen sein. Doch viele, die spät einstiegen, haben bislang schon Verluste von 70 %-90 % erlitten.

Für mich, und für die Investoren, die ich berate, haben Kryptos nichts mit Vermögenssicherung zu tun, und sie werden mit Sicherheit niemals Gold ersetzen. Bitcoin ist ein binäres Investment, das auf eine 1 Million $ steigen aber genauso gut auch auf NULL fallen könnte. Ganz offensichtlich kein gutes Risikoverhältnis.

„Blockchain ist Abzocke“ – Brasilianischer Professor

Im Mai dieses Jahres schrieb ein brasilianischer Professor der Informatik – Jorge Stolfi – Folgendes auf Twitter:

„Jeder Computerwissenschaftler sollte in der Lage sein, zu erkennen, dass Kryptowährungen ein vollkommen dysfunktionales Zahlungssystem sind, und dass ‚Blockchain-Technologie‘ (einschließlich ‚Smart Contracts‘) eine technologische Abzocke ist.“

Wie Stolfi erklärt, haben er und weitere 1.500 Spezialisten, darunter Harvard-Dozenten und Googles leitender Cloud-Entwickler, einen kritischen Brief an den US-Kongress geschrieben, in dem sie vor Kryptowährungen warnten.

In einem Interview erklärt er auch, warum Kryptoformate ein Pyramidensystem sind, die dem Madoff-Ponzi ähneln.

Stolfi: “Diese Pyramidensysteme brechen zusammen, wenn kein Trottel mehr da ist, der sich noch abzocken lässt.“

Er sagt zudem, dass Bitcoin in 20 Jahren nicht mehr existieren wird. Er nennt die Blockchain einen technologischen Betrug, der aufgrund der Schneckentempo-Transaktionen auch niemals als Zahlungssystem, wie bspw. Visa, eingesetzt werden kann.

El Salvador und das Narrengold

El Salvador glaubte fest an’s Narrengold, als das Land letztes Jahr bekanntgab, man werde die erste Nation sein, die Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptiere. Zudem war beabsichtigt, ein Bitcoin-City-Projekt durch die Emission von Bitcoin-besicherten Anleihen im Umfang von 1 Mrd. $ zu finanzieren. Nach den 2/3-Kursverlusten wurde dieses Projekt offenbar verschoben. Bitcoin City wäre als Stadt ohne Steuern (außer MwSt.) errichtet worden. Und jetzt – vor dem Hintergrund hoher Verluste bei Bitcoin – hätte Bitcoin City wohl auch ohne jegliche Einnahmen dagestanden.

Für mich klingt das nach Schlaraffenland auf Höllenfahrt. Leider verlor das Land mit seinen BTC-Käufen auch mehr, als das Land hätte verlieren dürfen; die Schulden des Landes sind jetzt RAMSCH.

Inzwischen sind jene Bitcoiner, die El Salvador als das zukünftige Geldmodell anpriesen und sogar dorthin pilgerten, sehr ruhig geworden.

Jedes Ponzi Scheme bricht irgendwann zusammen – und zwar ausnahmslos und immer! Und wie es scheint, steht dieses Schicksal jetzt womöglich auch Bitcoin und anderen Kryptoformaten bevor. Die meisten sind auf ihrem Weg in die Vergessenheit schon um 70 % oder mehr gefallen.

Wir werden mit Sicherheit beim physischen Gold bleiben!

Narrengold in Uganda

Also: Uganda hat offiziell erklärt, man habe Golderzvorkommen von 31 Millionen Tonnen entdeckt, aus denen voraussichtlich 320.000 Tonnen raffiniertes Gold gewonnen werden kann!

Man sollte sich dabei vor Augen führen, dass in der gesamten Menschheitsgeschichte bislang 190.000 Tonnen Gold abgebaut wurden. Diese Entdeckung würde das Gold der Welt also verdreifachen.

Für mich klingt das wieder nach einer Narrengoldgeschichte. Uganda ist ziemlich berüchtigt für Korruption und Betrug. Jedenfalls erhofft sich das Land jetzt, auf Grundlage dieses sogenannten Funds, der in keinster Weise korrekt bewiesen oder dokumentiert ist, große Mengen Geld leihen zu können.

Oder vielleicht stammt all das aus der Bitcoin-Community selbst. Hier wird die Nachricht von der „Falsch“-Goldentdeckung natürlich mit Begeisterung aufgenommen, weil BTC mit seinem Ausgabelimit von 21 Millionen Coins viel einzigartiger dasteht.

Oder könnte es sogar sein, dass die ugandische Regierung Tonnen mit Unzen verwechselt hat?

NARRENGOLD AM AKTIENMARKT: DER ZUSAMMENBRUCH DROHT

Auch die heutigen Vermögensmärkte, insbesondere der Aktienmarkt, haben sich in Narrengold verwandelt. Die heutigen Investoren glauben, dass Aktien immer nur steigen können und dass die US-Notenbank bis in alle Ewigkeit zur Rettung bereitsteht. Welchen Schock diese Investoren bald bekommen werden!

Wie ich häufig sage: Marktprognosen sind idiotisch, und deswegen setzen wir den Fokus lieber auf die Risiken. Und in meinem letzten Artikel („Es wird eine schnelle Implosion geben – Halten Sie sich fest!“) hatte ich dargestellt, dass das Risiko jetzt extrem ist – aus fundamentaler und aus markttechnischer Sicht.

Die meisten Aktienmärkte der Welt sind im Jahr 2022 schon um 20 % – 30 % gefallen. Kaum ein Investor erkennt aber, dass es sich bei der gegenwärtigen Phase nicht um eine normale Korrektur handelt, sondern um den Beginn eines langfristigen, säkularen Bärenmarkts, in dem noch drastische Einbrüche anstehen.

Aus technischer Sicht scheint der nächste große Einbruch schon zu drohen. Daher ist Risikoschutz durch Fernbleiben vom Aktienmarkt dringend geboten.

Die Edelmetalle befinden sich in einer kleinen Korrektur innerhalb eines großen, langfristigen Bullenmarkts, der den unausweichlichen Zusammenbruch des Währungssystems begleitet. Gold könnte anfänglich zusammen mit dem Aktienmarkt um vielleicht 100 $ nachgeben, doch die nächste große Aufwärtsbewegung beim Gold wird reichlich und langfristig sein.

Vergessen Sie nicht, physische Edelmetalle sollten nicht als spekulatives Investment gehalten werden, sondern als die beste Form der Vermögenssicherung, die man besitzen kann.