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FAULENDES FINANZSYSTEM

By Egon von Greyerz

Founder and Chairman

Etwas ist faul im Staate Dänemark mit der Welt (aus Shakespeares Hamlet).

Mit einer Welt, die nicht ohne endlose Defizitfinanzierung, Geldschöpfung und Negativverzinsung überleben kann, ist mit Sicherheit etwas ganz faul. Nicht nur faul, es stinkt schon! Ja, es stinkt nach Lüge, Betrug und moralischer Dekadenz.

Warum erhebt sich also niemand und sagt der Welt, auf was wir zusteuern? Aus einem einfachen Grund: Kein Politiker kann die Wahrheit sagen. Denn wenn er es täte, würde er nicht wiedergewählt. Das Hauptziel eines jeden Politikers ist der Stimmenfang. Und um diese Stimmen zu bekommen, darf man nie die Wahrheit sagen.

Zudem gibt es so viele Interessengruppen, die dabei ohne Ende profitieren. Die Geldmenschen, die das Finanzsystem kontrollieren, profitieren davon, dass falsche Marktbedingungen, falsches Geld und falsche Zinssätze existieren.

DIE WAHRHEIT STIRBT NIE

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca meinte: “Veritas Nunquam Perit” (Die Wahrheit stirbt nie.). Das dürfte wohl sehr richtig sein, trotzdem lässt sie sich für sehr lange Zeit unterdrücken, wie wir gerade weltweit beobachten können.

Kommen wir zuerst zur größten Lüge – zum Geld. Das einzige echte Geld ist seit 5.000 Jahren Gold (und zeitweise Silber). Immer dann, wenn das Finanzsystem von diesem einfachen Prinzip abwich – und zwar durch Geldschöpfung – endete das in einer Katastrophe für die Welt (ob nun mittels Silbermünzen, die mit Zink oder Kupfer gefüllt waren oder durch das Drucken von Papiergeld).

DEMNÄCHST: TOTALKATASTROPHE IM WÄHRUNGSSYSTEM

Genau darauf steuern wir jetzt zu. Eine katastrophale Ereigniskette – ausgelöst durch Nixon, als er am 15.August 1971 das Goldfenster schloss. Seither explodiert die globale Verschuldung, während alle Währungen implodieren. Der noch tragbare Umfang an Schulden, Derivaten und ungedeckten Verbindlichkeiten von 1971 ist bis heute auf 2 Billiarden $ angestiegen! Und jede einzelne Währung hat, effektiv betrachtet, 97 % bis 99 % verloren.

Wie ich im letzten Artikel erwähnt hatte, konzentrieren sich die Welt, die Politiker und die UN allesamt auf das falsche Problem. Die Zerstörung der Weltwirtschaft wird derart schwerwiegende Folgen haben, dass die Auswirkungen der Klimazyklen dagegen vergleichsweise unbedeutend sein werden. Wir befinden uns jetzt an einem Punkt, wo wir nicht mehr in der Lage sind, den Verlauf des einen oder des anderen noch zu verändern. Das Klima wird durch sehr lange Zyklen bestimmt, auf die der Mensch praktisch keinen Einfluss hat. Was das Finanzsystem betrifft, so gab es einmal eine Zeit, als dieses noch gerettet hätte werden können. Doch die ist längst vorbei. Nun müssen wir alles über uns ergehen lassen, und es wird katastrophal für die Welt.

Warum also sieht niemand, was hier passiert und warum steht keiner auf und sagt, dass der Kaiser splitternackt ist?

Die Wahrheit ist sehr unbequem und schmerzhaft, trotzdem stirbt sie nie.

Es ist unbestreitbare Tatsache, dass buchstäblich das gesamte Giralgeld, das durch Staaten, Zentralbanken und Geschäftsbanken geschöpft wurden, vollkommen wertlos ist und somit auch falsch.

Wenn ein Staat Geld aus dem Nichts schöpft, um damit die Defizitfinanzierung zu decken, so hat dieses Geld NULL Wert, weil dafür keine Arbeit aufgewendet werden musste, außer dem Drücken einer Taste am Computer.

Auch Folgendes zeigt uns, dass das Geld überhaupt keinen Wert hat: Keine Bank und keine Zentralbank ist bereit, Zinsen auf Einlagen zu zahlen. Weil das Geld wertlos ist, möchten die Banker eben bezahlt werden für die Deponierung von Geld. Das ist eigentlich auch ziemlich logisch. Warum sollte man jemand Zinsen auf Geld zahlen, das keinen Wert hat?

GELD, DESSEN HERSTELLUNG NICHTS KOSTET, HAT NULL WERT

Und wenn eine Bank eine Einlage in Höhe von 1.000 $ empfängt und dasselbe Geld anschließend zehnmal oder häufiger verleiht, dann ist dieses Geld ebenfalls wertlos, weil diese Kreditvergabe 0 $ kostete.

Gleiches gilt für Kreditkartenunternehmen oder die Autofinanzierung – sie alle geben Falschgeld aus, das auf Knopfdruck generiert wurde.

Hier haben wir also den Teufelskreis der Geldschöpfung, der für die heute extreme Blasenbildung bei Vermögensanlagen gesorgt hat. Wir alle wissen, was passiert, wenn eine Blase zu groß wird. SIE PLATZT! Und wenn sie platzt, wird die gesamte Luft, die sich im Inneren befindet, ganz einfach verschwinden.

Wer nicht weiß, was das praktsich zu bedeuten hat, dem möchte ich Folgendes erklären. Fangen wir bei den Asset-Bubbles an: Wenn die globalen Blasenmärkte – Aktien, Immobilien und andere – platzen, werden all diese Assets effektiv mindestens 95 % ihres Wertes verlieren. Der beste effektive Maßstab ist natürlich Gold, weil es das einzige Geld ist, das überlebt hat und seit tausenden Jahren seine Kaufkraft hält.

Kommen wir jetzt zur Schuldenblase: Die globale Verschuldung beträgt derzeit mindestens 270 Billionen $. Doch platzt diese Schuldenblase, so werden alle anderen Verbindlichkeiten, wie etwa Derivate im Umfang von 1,5 Billiarden $, ebenfalls platzen. Also: Wenn die Schuldenblase platzt, wird praktisch auch das gesamte Fiat-Geld vollkommen wertlos. Niemand kann es zurückzahlen und niemand will es noch kaufen.

Ich bin mir bewusst, dass die letzten zwei Absätze eine sehr vereinfachte Erklärung dessen bieten, was in den kommenden Jahren passieren wird. Sie ist aber hoffentlich leicht verständlich.

Diese Ereignisse werden natürlich nicht auf einen Schlag passieren. Am Anfang werden wahrscheinlich die Aktienmärkte einbrechen, was wiederum die Kreditmärkte unter Druck setzen wird. Zusätzliche QE-Maßnahmen werden folgen, die allerdings nur kurzfristig wirken werden. Es folgen mehr Einbrüche, mehr Geldschöpfung, Inflation, Hyperinflation, Kreditausfälle und Bankeninsolvenzen. Dies wird in einer relativ raschen Abfolge passieren, bis es zu einer deflationären Implosion der meisten Vermögenswerte kommt. Im Artikel von letzter Woche, „Globale Warnung“, hatte ich das kurz skizziert.

Das erste deutliche Signal, dass irgendetwas faul ist im Finanzsystem, bekamen wir schon Anfang August, als verschiedene große Zentralbanken – Fed, EZB und BOJ – erklärten, man werde alles zur Stützung des Systems unternehmen. Über dieses wichtige Ereignis hatte ich in meinem Artikel vom 29. August geschrieben.

QE IST WIEDER DA! – NUR DÜRFEN WIR ES SO NICHT NENNEN

Dann im September begann die Fed mit Overnight-Repos im Umfang von 75 Milliarden $, die erhöht wurden auf 100 Milliarden $. Auch 14-Tage-Repos im Umfang von 30 Milliarden $ wurden durchgeführt, und dann auf 60 Milliarden $ erhöht. Darüber hinausgehend kündigte die Fed an, man werde nun mit QE-Maßnahmen beginnen – in Höhe von 60 Milliarden $ pro Monat. Doch laut Fed dürfen wir es nicht QE nennen! Nennen wir es also Geldschöpfung, denn genau das ist es.

Der Präsident der Fed von Minneapolis meinte dazu: Hier geht es nicht darum, die geldpolitische Positionierung zu ändern. Hier geht es darum, für funktionsfähige Märkte zu sorgen. Das ist im Grunde nur ein Fall für Klempnerarbeiten.“

Da hat er natürlich recht, es ist ein Fall für Klempnerarbeiten. Das Problem ist nur: Das Finanzsystem leckt wie ein Sieb, ohne dass die geringste Chance bestünde, alle Löcher stopfen zu können.

Zwischen Ende 2017 und 2019 reduzierte die Fed ihre Bilanz um 700 Milliarden $ – von 4,5 Billionen $ auf 3,8 Billionen $. Und wie immer hat die Fed keinen Schimmer. Sie verstand nicht, dass es einfach nicht möglich ist, ein System auf Geldentzug zu setzen, das ohne konstante Einspeisung von mehr und mehr geschöpftem Geld nicht überleben kann. Das Problem ist, dass das System auch mit zusätzlicher Geldschöpfung nicht überleben wird. Denn ein Schuldenproblem lässt sich nie mit noch mehr Schulden lösen. Also egal wie – wir sind verdammt.

Die Fed wird also jetzt dem Beispiel der EZB folgen, welche nun 20 Milliarden $ monatlich drucken wird – ohne Begrenzung. Die BOJ hat natürlich nie aufgehört, Geld zu drucken. Die japanische Zentralbank besitzt jetzt 50 % aller japanischen Anleihen und stützt aggressiv den Aktienmarkt. Seit 1999 hat sich die Bilanz der BOJ verachtfacht (8 x), sie beträgt aktuell 560 Billionen Yen (5 Billionen $).

Ja, das System fault, und jetzt beginnt es zu riechen. Gerade die Maßnahmen der Fed riechen seit einigen Wochen nach Panik. Gibt es ein Problem mit JP Morgan oder der Bank of America? Oder stützt die Fed vielleicht sogar die bankrotte Deutsche Bank? Wahrscheinlich werden wird bald schon herausfinden, wo die größten Problemherde sind.

Am problematischsten für die Banken sind die Unternehmensschulden, und sie werden mit jedem Tag riskanter. Die Unternehmensfinanzierung von We Work und Merlin sind klare Signale, wie gefährlich dieser Markt geworden ist.

Die Zentralbanken löschen schon jetzt Feuer, und bislang wissen nur ganz wenige, dass es überhaupt schon brennt. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Problemherde wie Buschfeuer im Finanzsystem verbreiten werden.

AUSBLICK

Die Anlagemärkte werden in Kürze die Risiken im Finanzsystem abbilden. Die Aktienmärkte werden diesen Herbst wahrscheinlich heftige Verluste zu verzeichnen haben. Doch potentiell könnte der Absturz noch bis Anfang nächsten Jahres auf sich warten lassen. Das Risiko besteht jedoch schon heute.

Der Dollar ist extrem schwach. Obgleich er unter den großen Währungen noch die höchsten Zinsen abwirft, schwächt sich der Dollar jetzt ab und wird möglicherweise seine finale Abwärtsbewegung auf NULL beginnen.

Und zum Schluss: Die Edelmetalle haben gerade erst begonnen, die Risiken im Finanzsystem abzubilden. Die kleine Korrektur, die wir gerade erlebt haben, endet jetzt. Über diese kleinen Kursbewegungen bei den Metallen braucht man sich aber keine Gedanken zu machen! Physisches Gold und Silber werden bald ihre Reise zu einem Vielfachen der heutigen Preise antreten. Doch viel wichtiger: Sie werden Lebensretter sein, wenn das Finanzsystem zerfällt.

About Egon von Greyerz
Born with dual Swiss/Swedish citizenship, Egon's education was mainly in Sweden. Egon von Greyerz began his professional life in Geneva as a banker and thereafter spent 17 years as the Finance Director and Executive Vice-Chairman of Dixons Group Plc. During that time, Dixons expanded from a small photographic retailer to a FTSE 100 company and the largest consumer electronics retailer in the U... More...

Egon von Greyerz
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